Was der Menschen tut, das tut er gründlich. Martina Kasch beschreibt in Ihrem Buch „Streifzüge durch das Hohe Venn“ aus dem Meyer & Meyer Verlag  fünfundzwanzig Wanderungen durch das Hohe Venn, aber auch über seine Entstehungsgeschichte.

Ein Naturphänomen in Form von langsamer und kontinuierlichen Entwicklung des Naturraumes nach der Eiszeit beginnend, findet eine jähe Wende als der Mensch beginnt einzugreifen.

Das Venn und seine Landesgrenzen

Die Autorin hält sich thematisch eine Weile in der geschichtlichen Entwicklung Belgiens und der Verschiebung der Ländergrenzen, sowie den Änderungen in der gesellschaftlichen Ebene auf.

Sehr informativ und leicht zu lesen erfahre ich einiges über die Geschehnisse zu Kriegszeiten und auch über den späten Bau einer Verkehrsverbindung, der Vennbahn und dem Einfluss den diese Eisenbahnverbindung nahm.  Auch die Entstehung und der Niedergang der Tuch machenden Industrie in der deutsch/belgischen Region wird kurz angerissen. Aus meiner Sicht eine wertvolle Einführung, will man dem Leser und Wanderer die Region wirklich nahe bringen.

Streifzüge durch das Hohe Venn
Cover (c)Meyer & Meyer Verlag

Das Hohe Venn heute

Wer es im Sommer kühl mag, der fahre ins Hohe Venn. Das wusste ich nicht, dass  das Venn so niedrige Durchschnittstemperaturen hat und auch nicht welche weiteren klimatischen Folgen sich daraus ergeben.  Das müsst ihr aber selber lesen……

Mit leicht verständlichen Erklärungen erlese ich mir einige grundlegenden Kenntnisse zu den Unterschieden von Hoch- und Niedermoor und z.B. von den Wachstumsbedingungen des Torfes. Wer realisiert, dass eine Torfschicht jährlich nur
1 mm Zuwachs verzeichnet, der wird staunen, dass ein Hochmoor im Hohen Venn bis zu 8 Meter dick ist.

So macht Wissen anhäufen Spaß, Kompliment an die Autorin Martina Kasch,  zu der auf der Verlagsseite folgendes geschrieben steht.

Nach ihrem Studium der Anglistik, Soziologie und Psychologie ist Martina Kasch auch in diesem Bereich tätig. Neben Ihrer Arbeit hat sie sich schon immer für die Natur interessiert und bereits früh ausgedehnte Trekkingtouren unternommen. Inspiriert durch die Arbeit der Naturkundeführer in Sibirien, begann sie sich für sanften Tourismus und Wildlife Studies zu interessieren. Infolgedessen ließ sich Martina Kasch zur Diplom-Naturführerin im Naturzentrum Haus Ternell ausbilden.  Regelmäßig führt sie Naturinteressierte durch die vielfältige Landschaft des Hohen Venns. Die passionierte Naturliebhaberin lebt im Wandergebiet und betreibt dort einen kleinen Reiterhof.

Tierische Begegnungen im Hohen Venn

Neben den an die nährstoffarme Umgebung angepassten Pflanzen gibt es natürlich auch Tiere, die genau diese Umgebung benötigen, um sich wohl zufühlen und zu vermehren.

Galgenvenn (33)
Mittlerer Sonnentau

Birkhuhn, Waldeidechsen, Libellen & Co bekommen im Buch Gelegenheit sich und ihre Lebensgewohnheiten vorzustellen. Das im Hohen Venn massiv vom Aussterben bedrohte Birkhuhn z.B., ist in der Lage Holz zu verdauen…. Wo nichts anständiges auf den Teller kommt, muss man eben improvisieren.

Hochmoor und Niedermoor….

weisen naturgemäß sehr unterschiedliche Flora und Fauna auf, diese werden hier anschaulich angerissen, sodass ein gutes Gesamtbild entstehen kann. Eine für mich ausgesprochen interessante Lektüre, will ich die im Anschlussteil vorgeschlagenen Wegeführungen verstehen und thematisch zuordnen.

Heiden im Hohen Venn

Irgendwie liegen Heide und Moor oft nahe beieinander, so auch hier und was dort wächst und gedeiht findet selbstverständlich ebenfalls in diesem regionalen Natur- und Wanderführer seinen Platz. Gerade jetzt, da die Natur erwacht, werden Naturbegeisterte schon Zettelchen machen können, wo und wann sie nach den im Buch beschriebenen und wunderschönen Blüten schauen können.

Wer ganz viel Geduld hat begibt sich auf die Pirsch um die unendliche Zahl von Singvögeln zu beobachten und ggf. zu fotografieren.

Gefährdung des Hohen Venns und Naturschutz

Ich erinnere mich an einen Besuch im Hohen Venn und die dürren Reste schwarz verkohlter Birken, die ihre Baumleben während des tagelang tobenden Brandes im April 2011 lassen mussten. Solche Brände entstehen leider viel zu oft durch leichtsinnigen Umgang mit Zigarettenkippen. 1.300 Hektar wertvoller Naturraum wurde damals vernichtet.

Welchen Gleichgewichtsstörungen  die Natur in der Region darüber hinaus ausgeliefert ist, das wird  in „Streifzüge durch das Hohe Venn“ ebenso erklärt. Was tut die Region für den Naturschutz, wie sind die einzelnen Komponenten der heutigen Schutzmaßnahmen entstanden und welchen Zweck verfolgen sie? Warum wird wann ein Wanderweg gesperrt und was hat es mit den Schutzzonen auf sich? Für all diese Fragen findet der interessierte Leser Antworten in Kurzfassung.

Womit der Erklärteil des Buches nach 64 Buchseiten mehr oder weniger abgeschlossen ist. Natürlich gibt es zu den einzelnen, im folgenden beschriebenen Wanderungen, noch weitere Information, die den Erlebniswert erhöhen.

Die Wanderungen

Vorworte

Die Autorin serviert uns die Wanderungen sauber nach geografischer Lage sortiert, sodass wir unter Umständen auch entscheiden können eine Runde vor und eine Runde nach dem Mittagessen zu erkunden, ohne dafür lange Autofahrten zu benötigen.  Sie unterteilt dabei wie folgt:

  • Ternell (Rund-Wanderung 1-10)
  • Bottrange und Baraque Michele (Rund-Wanderung 11-18)
  • Wersertalsperre (Rund-Wanderung 19-22)
  • Zu Fuß von Aachen ins Hohe Venn ( Strecken-Wanderung 23-26)

Ein paar wichtige grundlegende Informationen werden gleich als Vorwort geliefert, die betreffen überwiegend die Begehbarkeit verschiedener Zonen im Hohen Venn und der Möglichkeit sich vorher zu informieren. Tipps, die die eigene Sicherheit in dieser besonderen Region betreffen, sollten vorher erlesen werden. So kann dann kaum etwas schief gehen.

Wir bewegen uns hier in einem sensiblen Raum, in dem Brutzeiten einen Ausschluss des Menschen zur Folge haben und das Mitführen unserer Vierbeiner nur bedingt oder gar nicht erlaubt ist.

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Eines muss ich gerade noch loswerden, das mir selber nicht bewusst war.

Weidetiere soll man nicht füttern, nicht mit Brot, nicht mit Obst, Möhren oder dergleichen, das weiß ich. Nicht bekannt war mir bis zur Lektüre dieses Buches, dass Pferde auch nicht mit Grasbüscheln oder Kräutern gefüttert werden sollten. Tiere erkennen beim grasen genau, was für sie gut ist. Wird es von Menschenhand serviert ist das wohl nicht mehr so. Jährlich gehen viele Tiere ein, weil sie von Wanderern und Spaziergängern mit Dingen gefüttert werden, die Koliken auslösen.

Also habe ich gelernt, fremde Tiere niemals einfach füttern.

Wir wandern los….

und da kann ich aus Erfahrung sagen, raus mit euch ins Hohe Venn. Es lohnt zu jeder Jahreszeit. Jetzt beginnt das Wollgras mit der Blüte und den Laubbäumen wächst bald wieder ein grünes Kleid, aber Achtung, wenn es in unseren Tieflagen schön grünt, hat die Region Hohes Venn noch mit den Vorbereitungen zu tun.

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Wie komme ich zum Startpunkt

Das Haus Ternell ist vielen Vennliebhabern ein Begriff und von dort aus starten auch einige der vorgestellten Wanderungen. Das ist praktisch, da hier gleichzeitig ein umfangreiches Angebot an geführten Wanderungen und Umweltpädagogik bereitgestellt wird.

Beispielhaft teilt die Autorin dem Leser mit, welche Möglichkeiten über die Wanderung hinaus zum Bleiben verführen können. Neben dem Hauptparkplatz und damit Startpunkt, bietet sie jedoch auch andere Parkmöglichkeiten und natürlich Anreisemöglichkeiten mit ÖPNV an.

Details zur Wanderroute

  • Streckenlänge
  • Gehzeit
  • Hunde erlaubt?
  • Besonderheiten, ggf. schwierige Passagen auf der Strecke
  • Streckenprofil, Hinweise auf Ruinen oder Bodendenkmälern

Die Streckenbeschreibung…….

gibt neben der Orientierung nach Wegen auch immer Hinweise auf Bachläufe etc., denen man folgen kann, selbst wenn ein Weg mal schlechter erkennbar ist, weil er z.B. im Sommer zuwächst.

Am Ende der Beschreibung sind Empfehlungen für Abkürzungen untergebracht.

Manchmal passiert Unvorhergesehenes

Sehr schön finde ich, dass die erfahrene Wanderin hier beschreibt, wie sie vom Weg abkommt und beinahe jeden nur möglichen Fehler macht, den man machen kann und dann mit Umsicht und unter Beachtung einiger wichtigen Gundregeln in der Dunkelheit wieder auf ihre Wanderstrecke kommt und zum Auto zurück findet.

Das Moor im Hohen Venn ist nicht zu unterschätzen und sich verlaufen kann fatale Folgen haben. Deshalb freue ich mich über diese Anekdote.

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Immer wieder wie lose eingestreut, ragen die Buchenzweige ins Buch ;-) wunderschön!

Die vorgestellten Wanderungen sind abwechlungsreich konzipiert, ergänzen einander oft, sodass man 1-2-3 Wanderungen zu einer einzigen zusammen legen kann. Start sind große Parkplätze im Regelfall mit Einkehrmöglichkeit, soweit die Öffnungszeiten beachtet werden.

Gps Tracks werden zum Download zur Verfügung gestellt.

Die Fotos hätte ich mir in einigen Fällen etwas heller gewünscht, sie sind für mich immer auch ein zusätzlicher Anreiz einem Wanderweg zu folgen.

Ich besitze nun einen weiteren Buchstabenschatz in meiner Sammlung und hoffe baldigst auf die Gelegenheit einer Testwanderung.

Streifzüge durch das Hohe Venn: 26 Touren rund um Ternell, das Brackvenn, die Wesertalsperre, das Polleurvenn und Botrange

 

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Outdoor Blogger Codex

 

Das Buch wurde mir vom Meyer & Meyer Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Diese Tatsache beeinflusst nicht meine Einschätzung zum Buch.

8 Kommentare

  1. Eine sehr schöne Buchbeschreibung und für mich die Bestätigung, mir dieses Buch zu bestellen. Ich wandere sehr gerne im (von mir etwa 1 Autostunde entfernten) Hohen Venn.
    LG
    Ingrid

  2. Super – Touren durchs Hohe Venn. Aber leider ohne gpx-Tracks. Ohne gpx-Tracks kaufe ich keine solche Bücher mehr. Schade.

  3. Das Hohe Venn…. muß so an die 35 Jahre her sein, die erste größere Klassenfahrt. Übernachtung in Bad Münstereifel. Erst nach Bonn, mein erster Besuch dort, wer konnte ahnen dass ich da mal jahrelang arbeiten würde, dann Besuche beim Radioteleskop und halt auch ins Hohe Venn. Damals konnte man einfach noch „so“ laufen. Viele sind stecken geblieben und Schuhe konnten nur mühsam „gerettet“ werden. An was man sich so alles erinnert…..

Ich freue mich über ein paar nette Worte....

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