Hunden richtig zuhören, so lautet der Titel eines Buches aus dem Ulmer Verlag. „Über das wahre Wesen unserer Vierbeiner und wie wir lernen können, sie endlich zu verstehen.“ so der Untertitel.

Wie häufig wir die Lautäußerungen, Körperhaltung und Mimik aus Menschensicht interpretieren, ist mir nicht bewusst gewesen. Was ich total niedlich finde, hat für Jana eine ganz andere Bedeutung. Oft komme ich selber drauf, aber beim lesen dieses Buches gab es auch für mich eine Menge Nachhilfe.

Unsere Ausflüge sind augenblicklich täglich um die 7km kurz und finden in der nahen Umgebung statt. So habe ich Zeit zum lesen. Was liegt näher mich dem Thema „Hund“ zu widmen. Jana zeigt ein so vollkommen anderes Wesen als Spike. Das Selbstverständnis mit dem Spike sich nach meinem Wandertempo und den Pausen beim fotografieren richtete, zeigt Jana noch nicht. Ich hoffe mit dem Buch einige Lösungsansätze zu finden.

Hunden richtig zuhören – Mirko Tomasini

Reize und Verantwortung

Mirko Tomasini berührt mich zunächst mit dem Thema „Reize“ und „Verantwortung“. Reize gibt es mehr als genug und viel mehr, als wir auf den ersten Blick wahrnehmen. Fällt etwas am Frühstückstisch auf den Boden, ist das ein Reiz. Begegnen wir unterwegs anderen Hunden, ist das ein Reiz. Selbst mein eigenes Verhalten als Hundehalterin ist von Reizen geprägt. Unsere Hunde reagieren auf Reize sehr unterschiedlich. Mirko Tomasini fragt: Wo liegt nun die Verantwortung für die Reaktionen unserer Vierbeiner? Liegt sie beim auslösenden Reiz oder liegt sie eher bei uns Hundehaltern?

Ein kleines Beispiel: Wir nähern uns einem Paar, das damit beschäftigt ist die beiden Irish Setter die Pfoten zu säubern, bevor sie ins Auto können. Wir müssen relativ nah am Auto vorbei, die Hunde sind nicht angeleint. Leider habe ich mehr Augenmerk auf die beiden Hunde, als auf meinen eigenen Vierbeiner. Anstatt stehen zu bleiben und so Jana Sicherheit zu geben, setze ich meinen Weg fort. Die beiden Hunde laufen in unsere Richtung und Jana springt wie wild in die Leine, um sich in Sicherheit zu bringen.

Meine Möglichkeiten anders zu reagieren:

Ich hätte stehen bleiben können, Jana zum sitzen bringen und die Halter bitten die Hunde festzuhalten. Die gesamte Situation wäre vollkommen stressfrei abgelaufen. Ja, es gab einen Reiz und ja die Halter hätten ihre Hunde anleinen müssen, aber die Verantwortung für das Missempfindung meiner Jana, die lag bei mir.

Beim o.g. Beispiel geht es um Selbstreflexion. Das wahre Wesen meines Hundes kennen zu lernen, diese Aufgabe empfinde ich als schwieriger, zumindest wenn ich tiefer schauen möchte und Jana helfen möchte wenig Stress zu empfinden.

Hunden richtig zuhören
Inzwischen ist sie etwas gelassener, wenn ich sie fotografiere. Ich habe ihre Aufmerksamkeit.

Natürlich kann ich nun nicht für jedes Kapitel des Buches ein Beispiel aus meinem eigenen Erleben bringen. Deshalb beschränke ich mich auf eine Vorstellung des Buchinhaltes und was dieser bei mir bewirkt.

Ich gebe zu, ich werde recht ungeduldig, will das Buch so schnell wie möglich komplett begreifen. Schon beim ersten durchblättern bis in die letzten Seiten, fallen mir Themen ins Auge, die mir wichtig erscheinen. Doch wie das so ist, der Text erfordert Konzentration und liest sich nicht mal eben schnell wie ein Roman.

Die wahren Bedürfnisse unserer Hunde verstehen

Sätze, die gerne auch provozieren können/ sollen

  • Statt Freiheit und Freilauf wünschen sich Hunde einen sicheren, sowie begrenzten Raum, in dem sie sich entspannen können.
  • und Statt Leckerchen, Streicheleinheiten und Beschäftigung möchten sie einen Menschen, der sich seiner eigenen Bedeutung und Rolle in der Gruppe bewusst ist und bei dem sie Sicherheit und Orientierung erfahren
  • Statt individueller Auslastung, Training und Dressur wünschen sich Hunde die Möglichkeit, innerhalb ihrer Lebensgemeinschaft eine eigene Persönlichkeit auszubilden, mit der sie das Zusammenleben in der Gruppe bereichern.

Viele Menschen, die mit einem regelmäßigen Training die Bindung zu ihren Hunden intensivieren, dürften sich durch solche Aussagen provoziert fühlen. Ebenso entlastet es Menschen, denen es schwer fällt regelmäßig mit dem Hund zu trainieren. Ich gebe zu, das bringt mich ein wenig ins schleudern. Auflösung bringt das Buch.

Drei Grundvoraussetzungen

Der Sichere Raum ist nach meinem Verständnis, nach lesen des Buches, eine der wichtigsten Voraussetzungen, dass unser Miteinander funktioniert. Mirko Tomasini beschreibt, was aus seiner Sicht Zeichen von sicheren Räumen sind. Ebenso entscheidend ist die Verlässlichkeit auf Seiten der Hundehalter, so Mirko Tomasini. Meinem Hund die Verlässliche Partnerschaft zu bieten erfordert viel emotionalen Einsatz. Das liest sich aus meiner Sicht oft arg streng. Andererseits geben beide Anforderungen exakt die gleiche Sicherheit in zwischenmenschlichen Beziehungen.

Und da ist die dritte Komponente – Entwicklung und Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Es lohnt sich, dieses Kapitel gründlich zu lesen. So kann ich begreifen, wie wichtig wir mit unserer Stabilität für unsere Hunde sind.

Was Hunde uns mitteilen

Ein Thema in der Beziehung zu Jana, ist natürlich ihre Art der Kommunikation. Ganz ehrlich, ich bin damit ganz schön oft überfordert, vor allem wenn es um Begegnungen mit anderen Hunden geht. Mal ist sie relativ gelassen und läuft fast störungsfrei einfach vorbei, ein anderes Mal bleibt sie stehen, während sie bei nächster Gelegenheit, wie Popeye aufgeplustert, kurz bellt. Kommen ihr sehr quirlige Hunde entgegen, springt sie auch gerne mal seitlich in die Büsche. Auffallend ist, je mehr sich der ankommende Hund aufregt, um so ruhiger ist sie selber.

Was will sie mir mit ihren so unterschiedlichen Reaktionen sagen, wie reagiere ich darauf? Finde ich in meinem neuen Buch „Hunden richtig zuhören“ einen weiterführenden Tipp? Ja, bekomme ich, unter anderen den, meine Jana hin und wieder in unterschiedlichen Situationen zu filmen. In Zeitlupe abspielen hilft kleine Details wahrzunehmen.  Nur ein Tipp von vielen.

Drei Australian Shepherd - Hunden richtig zuhören
Man sitzt nahe beieinander, meidet aber Blickkontakt (rechts sitzt Jana, links ihre Mutter Foxy, in der Mitte Shaggy)

Das Kapitel ist ausgesprochen spannend, stellt es doch so manche meiner Reaktionen auf Janas Verhalten ist Frage. Außerdem glaube ich eine Erklärung für Janas Angewohnheit nach Betreten der Wohnung gefunden zu haben. Sie wartet regelrecht auf die Einladung nach der Gassirunde nach mir die Wohnung zu betreten. Sobald sie dann an mir vorbei ist, läuft sie schnurstracks ins Wohnzimmer und kommt dann wieder zurück und lässt sich das Geschirr abnehmen. Es sieht so aus, als wolle sie erstmal sicherstellen, dass alles noch in Ordnung ist.

Für mich habe ich entschieden es dabei zu belassen, denn Jana zeigt aus meiner Sicht weder bei Bewegung im Treppenhaus, noch bei Besuch oder Postbote eine auffällige Haltung. Sie ist also meiner Meinung nach kein Kontrollfreak, der meinen Job übernimmt. Wichtiger in dem Zusammenhang ist für mich, dass ich durch lesen dieses Buches aufmerksamer werde. Ein positiver Aspekt, finde ich.

Die natürliche Kommunikation mit Hunden

Solche Sätze bringen mich zur Verzweiflung:

Die Hunde erkennen innere Bilder, die Menschen anleiten, noch bevor der Mensch sie in seinem Verhalten zum Ausdruck bringt. Daraus folgt eine gute und eine schlechte Nachricht:

Die Gute: „Sie können Ihrem Hund nichts vormachen. Er sieht immer das was wirklich ist.“
Die Schlechte: „Sie können Ihrem Hund nichts vormachen. Er sieht immer das was wirklich ist.“

Ich glaube dem Autor, dass unsere Hunde oft mehr über uns erfassen, als wir es selber tun. Mirko Tomasini macht aber Hoffnung, dass wir es trotzdem hinkriegen ein anständiger Begleiter für unsere Hunde zu sein. Den Anspruch habe ich an mich und mir ist bewusst, wie sehr meine innere Haltung Einfluss auf Jana nimmt.

Wenn ich in diesem Kapitel lesend unterwegs bin drängt sich mir der Eindruck auf, dass wir in Sachen Kommunikation Grobmotoriker sind. Wir nehmen allenfalls deutliche Signale unseres Gegenübers wahr, während unsere Hunde schon mitbekommen, wenn beim zugewandt sein die Schultern oben oder unten sind, ob wir an einem Objekt vorbeischauen oder unmittelbar darauf. Das und noch viel mehr sind Mitteilungen an unsere Vierbeiner, so Mirko Tomasini. Im Folgenden erklärt der Autor wie wir unsere Botschaften klarer übermitteln, und damit Missverständnisse vermeiden können. Es werden Innere Haltung, Körpersprache und Blickkontakt thematisiert. Einiges, dass ich zu wissen glaubte, wird in Frage gestellt, anderes bestätigt.

Hunden im Alltag zuhören

Dieses letzte Kapitel fordert mich persönlich noch einmal stark. Die täglichen Spaziergänge, sind sie nur für mich eine Wonne, oder sieht Jana das eventuell komplett anders? Wenn ich ein Wesen in mein Leben lasse, dann möchte ich es auch wahrnehmen. Das gilt auch für meinen vierbeinigen Begleiter. Zuhören (beinhaltet auch sehen) ist also wesentlich im Umgang miteinander.

Mirko Tomasini beginnt gleich mit dem optisch erkennbaren bindenden Glied zwischen Hund und Halter, der Leine. Welche Bedeutung hat sie? Erstaunlich wieviel Antworten diese Frage nach sich zieht. Ermutigend auch, dass sich kleine Unregelmäßigkeiten recht einfach auflösen lassen, wenn ich weiß welche Bedeutung die Leine für meinen Hund haben kann. Ausgerechnet Langsamkeit kann hier eine positive Rolle spielen. Hach, ihr ahnt ja nicht wie entlastend diese Tatsache für mich ist.

In diesem Kapitel bekomme ich einen Blick auf unsere Hund/Menschpartnerschaft, wie sich Nähe und Distanzwünsche bei Jana äußern können. Ich gebe zu, gerade dieses letzte Kapitel regt mich sehr zum nachdenken an. Die Eigenart meiner Hündin dicht neben oder hinter mir zu laufen (das tut sie oft, aber nicht immer) hat mich oft irritiert. Ich sehe sie lieber vor mir, weil ich sie dann besser im Blick habe. Wie positiv dieses von mir nicht favorisierte Verhalten ist, war mir bisher nicht so bewusst.

Zu Hause fängt alles an

Wenn es daheim nicht gut läuft, ist es draußen noch schlimmer. Diese Feststellung zieht sich im Grunde durch das ganze Buch, denn draußen sein ist für viele Hunde purer Stress, so Mirko Tomasini. Das hat was mit dem „Sicheren Raum“ zu tun. Am Ende des Buches wird hier noch einmal darauf hingewiesen und die Zusammenhänge zwischen dem Stress draußen und dem Tagesablauf zu Hause erklärt. Der Autor gibt sehr hilfreiche Tipps, wie ich mich daheim verhalten kann, um meiner Jana einen sicheren Raum zu geben, was sich auch auf unsere Spaziergänge auswirkt.

Mein Fazit zu: Hunden richtig zuhören

Ein Buch, das mich in sehr vielen Teilen überrascht hat. Es hat mir auch verdeutlicht, dass es weit mehr zwischen Mensch und Hunde geben kann, als Futter, Spiel und Gassi gehen. Das Buch dreht sich nur und ausschließlich um das Bedürfnis unserer Hunde. Es fehlt mir die Sicht auf die Individualität der Menschen, die immer auch eine Rolle spielt. Fakt ist aber auch, dass wir mit unserem Verhalten, mit unserer inneren Einstellung zur Hundehaltung, einen erheblichen Einfluss auf das Gelingen einer guten Partnerschaft haben.

Dieses Buch werde ich sicher noch einige Male zur Hand nehmen. Auf meinen Umgang mit Jana wird der gelesene Text ganz sicher Auswirkung zeigen. Ob sich etwas verändert, wird die Zukunft zeigen.

Hunden richtig zuhören

Mirko Tomasini

Hunden richtig zuhören. Über das wahre Wesen unserer Vierbeiner und wie wir lernen können, sie endlich zu verstehen. Mirko Tomasini. 2021. 200 S., 100 Farbfotos, 4 Zeichnungen, Klappenbroschur. ISBN 978-3-8186-1377-8. € 19,95. ET-Ist: 14.10.2021

 

 

Ich danke dem Ulmer Verlag für die Zurverfügungstellung des Buches.

 

 

 

Ich freue mich über ein paar nette Worte....

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