Auf unserem Wanderplan steht heute der Kuckucksweg im Lahntal. Allerlei Unvorhergesehenes entlockt unseren Schnäbeln mehrfach an diesem Tag die Worte „Was/Wo, zum Kuckuck……..“
Mein noch relativ neues Navigationsgerät bietet sehr kreative Routenvorschläge. Diese Eigenart wird mit Sinn und Verstand der Fahrerin trotzdem zu einem guten Ende führen, nur dass diese heute mit Freundin Tanja unterwegs ist.
Abgelenkt durch gute und tiefgründige Gespräche wie z.B. („Hast Du abgenommen?“ „Nein, wieso?“ „Ach ich dachte nur“) folge ich den wirren Anweisungen des Fachgerätes und fahre einen unnötigen Schlenker über unbekannte Dörfer in Köln. Eigentlich hätten wir diese ersten Erlebnisse als Warnung des Universums einordnen müssen, dann wären uns weitere Irrungen sicher erspart geblieben. Gute Gespräche verhindern aber solche Schlussfolgerungen.
Der Kuckucksweg
Nachdem ich mein störrisches Navigationsgerät hindern konnte uns auf immer die gleiche Baustelle hin zu führen, landen wir endlich am Startpunkt unseres heutigen Wanderweges. Erleichtert schultern wir die Rucksäcke und traben langsam los.
- Start/Ziel: Am Straßenrand in der Nähe des Gasthof Kanzelstein, Fasanenweg 2, 35689 Dillenburg
- Streckenlänge: 14 km
- Höhenmeter: 400
- GPS Track
Am Hotel und Gasthof Kanzelstein streben wir ziemlich zügig der offenen Landschaft entgegen, folgen dem markanten Wegezeichen. Tief einatmen und diese herrliche frische Luft einsaugen, entspannen und genießen. Auffällig herbstlich kommen auch hier die Farben daher. Seit Mai kaum Regen, deutlich sind die Auswirkungen zu sehen.
Für die Schönheiten dankbar sein
Es folgt nun ein schöner Wechsel von Waldabschnitten und Offenlandschaft. Wenn ich jetzt die Fotos sehe wird mir klar, dass der lange und wetter technisch wunderschöne Sommer ein wenig an meinem Dankbarkeitsgefühl kratzt. Ich gebe zu ein bisschen verwöhnt zu sein, vom satten grün der Vennvorlandschaft in Belgien. Die trockenen Wiesenflächen wirken auf mich trostlos, während Tanja mich verwundert von der Seite anschaut, als ich das erwähne und sie hat recht.
Hätten wir in diesem Sommer den üblichen Wechsel von Regen und Sonne gehabt, wäre es keine Frage gewesen sich schon allein an der Sonne zu erfreuen. Es bestätigt sich damit wieder einmal diese Aussage: „Wer durch ein Tief gegangen ist, kann sich an einem Hoch mehr erfreuen“
Wo zum Kuckuck ist denn mein Handy?
Die nächste Bank wird geentert, um eine kleine Rast einzulegen. Unsere Habseligkeiten landen hier und dort, ein Schlückchen Wasser findet den Weg in unsere Kehlen, während die Schnäbel kaum mal still stehen. Nachdem alle Verlangen gestillt sind setzen wir unsere Wanderung fort.
Nicht lange und diese wunderschöne Kuhdame erregt unsere Aufmerksamkeit. Sie lässt sich von uns kaum irritieren, mümmelt an ihrer trockenen Rohkost und schaut nur selten in unsere Richtung. Mir gefällt diese lässige Milchtante jedoch so sehr, dass ich ein kleines Filmchen mit dem Handy aufnehmen möchte. Aber was ist das, mein Handy steckt weder in der Hosentasche, noch ist es im Rucksack zu finden.

Panik kommt auf, auch wenn das Gerät gut gesichert ist, der Verlust wäre ärgerlich. Einzige denkbare Möglichkeit ist, dass es unter die Rastbank gefallen ist. Also zurück marsch marsch und da liegt es tatsächlich, friedlich und ohne einen Muckser von sich zu geben.
Das waren ein paar Meter schwitzen, gut dass der Verlust so schnell aufgefallen ist.

Wer viel quatscht verläuft sich – Wo zum Kuckuck ist der Weg?
Nicht all zu lange brauchen wir, um unter Dauergequatsche den Weg aus den Augen zu verlieren. Wieder ist eine Kehrtwende fällig, noch ein paar hundert Meter mehr auf dem Tacho. Wäre doch gelacht, wenn wir nicht die üblichen Mehrkilometer auch heute erreichen würden.
Tanja und das Weidevieh
Nach unserem Kurswechsel erreichen wir eine große Weide an deren Ende eine Herde Schafe das trockene Zeugs aufsammelt. Bei unserem Erscheinen, setzt sich ein Teil der Gruppe, inclusive dem jungen Nachwuchs, in Bewegung und zockelt zügig auf uns zu. Bei der sengenden Hitze für die Fellträger sicher kein pures Vergnügen.
Tanja zeigt auch bei diesen Weidetieren ihr übliches Verhalten und lockt „Kommt meine lieben Kleinen…..“ und sie kommen, natürlich. Nachdem die armen Tiere aber realisiert hatten, dass es bei uns eben doch nichts zu holen gibt, strömten die von Hitze geplagten Wollefabrikanten wieder in den schattigen Bereich auf der gegenüberliegenden Seite.

Naturschutzgebiet Kanzelstein
Ein wenig störend durchziehen die Kabel der Strommasten die schöne Landschaft. Sie lassen sich aber nun mal in solchen Regionen selten vermeiden.

Landwirtschaft im „Notstand“
Der Mais ist dürre hoch gewachsen und die Maiskolben sehen schmächtig aus. Die Ernte dürfte mager ausfallen. Saft und Kraft sieht anders aus.

Die Rinder auf den Weiden werden mit zusätzlichem Futter versorgt. Die Traktoren sind täglich im Einsatz, damit das Vieh auf den dürren Böden nicht Hunger leidet.

Und damit das Paket Landwirtschaft auch komplett, bzw. fast komplett geschnürt ist, treffen wir natürlich auch auf Pferde. Da schwemmen Glücksgefühle durch Tanjas Blut, hingebungsvoll werden die Zossen begutachtet. Sehr anhänglich sind sie nicht, eher etwas verbissen.
Das Lauftraining bringt den Hengst zwar ein wenig in Bewegung, aber richtig Lust hat er nicht. Na ja immerhin, Tanja kriegt sie irgendwie alle.
Die Mischung macht´s
An einem urigen Rastplatz schlendern wir vorbei, dann wieder öffnet sich das dichte Buschwerk und lässt uns tief blicken. Die weißen Wattebäuschchen am Himmel erscheinen zum greifen nah.


Die breiten Forstwege, auf die wir für eine ganze Weile gelotst werden, sind von Forstmaschinen zerfahren.
Die Herbstzeitlose ist ein Bote des sehr nahen Herbstes. Giftig für Rinder und Pferde, werden sie mühselig von den Weiden gepflückt.

Nicht spektakulär, aber entspannend verläuft unsere Wanderung. Die nächste viehische Begegnung steht unmittelbar bevor. Es lohnt wirklich das gleich gezeigte Geschehen anzusehen.
Mutter und Kind vom Rind
Anders als die vorangegangenen Erlebnisse schwingen die auf der Weide befindlichen Tiere die Hufe und hauen ab. Nur eine kleine Gruppe Kälber und eine noch Milch gebende Kuh samt Anhang (wird gleich gezeigt)

Tanja stubst mich an „Guck mal da“ Am Euter der Kuh saugt ein Kälbchen und eine ausgewachsene Kuh. Von Bullenkälbern, die beinahe größer sein können als ihre Mütter, kenne ich das ja. Das hier toppt aber alles bisher gesehene. Unbeirrt holt sich die große Dame das weiße, nahrhafte Nass.

Irgendwann scheint sie zu realisieren, dass sie Zuschauer hat.

Jetzt kommt der eigentliche Witz. Das durstige Schlabbermaul scheint eine Leitfunktion in der Herde zu haben. Denn plötzlich trabt sie los. Vermutlich hat sie ein schlechtes Gewissen, fühlt sich ertappt. Erhebliches Tempo legt sie vor und der Rest der Rasselbande rennt hinterher.

So können Wandertage zusätzlich an Würze gewinnen. Herrje war das ein Schauspiel. In diesem Zusammenhang wird aber auch noch etwas anderes deutlich. Diese Tiere sind ebenfalls Nutztiere, sie leben in Freiheit und werden irgendwann zu Wurst. Bis dahin haben sie aber ein richtig tolles Leben mit Wettrennen, Gras mümmeln und menschlichen Begegnungen gehabt.
Wenn ich dagegen die Boxen betrachte, in denen die frisch geborenen Kälber ihr Dasein fristen, bis sie in den Kälberkindergarten kommen, dann werde ich traurig. Sie werden nie so rennen dürfen/können.
Ein wenig Landschaft pur
Mit den Bildern einer rennenden Kuhherde und dem Milch trinkenden Riesenkalb im Herzen ziehen wir unter den tief hängenden Wolken weiter. Heute haben sich tatsächlich alle Weidetiere vorbildlich für uns in Szene gesetzt. Der Unterhaltungswert war gigantisch, für uns.



Das Gipfelbuch ohne Gipfel
An der Rastbank ist recht gut verborgen, ein Gästebuch zu finden. In das trage ich uns ein. Vor uns war Walli Wanderschnecke schon hier, gut erkennbar am Stempel.

Wo zum Kuckuck ist denn das Gradierwerk?
Nach Überqueren der Hauptstraße hätten wir links gemusst, das wissen wir heute.
Tanja erweist sich an dieser Stelle ebenso verwirrend in ihrer Wegweisung, wie mein Autonavi bei der Anfahrt. Wir folgen also den Pfeilen unter dem Wegesymbol, so wie Tanja es interpretiert und schlabbern so den Schlenker über das Gradierwerk. So landen wir früher als gedacht am Gasthaus Kanzelstein (Qualitätsgastgeber Wanderbares Deutschland).

Wie so oft vergesse ich ein Foto von der ausgesprochen köstlichen Suppe zu fertigen. Auch der Kaffee schmeckt hervorragend. Diese Einkehr können wir mit bestem Gewissen empfehlen. Die Bedienung ist sehr sehr freundlich und geduldig, geht so weit wie möglich, auf die Wünsche ihrer Gäste ein. Diesen Eindruck hatten wir beide.
Nach dem Essen sollst Du ruh´n oder 100 Schritte tun
Nachdem die Zeche bezahlt und die Rucksäcke wieder auf dem Rücken landeten, besuchen wir noch eben das Gradierwerk. Die frische Luft in der unmittelbaren Umgebung ist eine Wucht, probiert es mal aus.


Das Wasser der Quelle hat schon einen sehr eigenen Geschmack. Tanja testet es und prustet aber so heftig, das wohl nichts in ihr angekommen ist. Man muss sich dran gewöhnen, gesund soll es aber sein.

Fazit
Der Kuckucksweg ist schön, keine Frage. Eine lange Anfahrt möchte ich aber für diese Art Wanderweg denn doch nicht in Kauf nehmen. Einen Urlaub hier verbringen und dann… ja das auf jeden Fall! Die Erlebnisse mit den sehr zahlreich dort weidenden Tieren haben sehr zum Wohlbefinden des heutigen Tages beigetragen. „Dank“ an die Landwirte, die den Tieren so viel Raum geben.
klasse Beitrag