Eine entspannte kleine Runde möchte ich drehen, bevor es endgültig wieder in die Heimat geht. Auf etwa der halben Strecke zwischen Baiersbronn und Leverkusen liegt Siefersheim. Dort startet die Hiwweltour Heideblick. Ich konnte ja nicht ahnen, dass die Rheinhessen ihre Höhenmeter in so viele kleine Stücke unterteilen. Den Muskeln wird durch das permanente auf und ab suggeriert, man hätte hohe Berge erklommen. So sind sie die lustigen Rheinhessen. Die Tücke liegt bei ihnen im kleinsten Detail.
Hiwweltour Heideblick
- Start/ Ziel: Wanderparkplatz „Am Gänsborn“ in 55599 Siefersheim
- Streckenlänge mit Zuwegung (1,6 km hin und rück): 12 km
- Höhenmeter: 330 m
- GPS Track mit Zuweg
- Einkehr in der Ortsmitte von Siefersheim in eine der Weinstuben
- Mehr Hiwweltouren

Wieso heißt es hier Küstenweg?
Etwas Verwirrung stiftet zunächst ein großes Schild auf dem, ähnlich wie zur hier verlaufenden Hiwweltour Heideblick, der Küstenweg Rheinhessen beschrieben wird. Vor 30 Millionen Jahren, so steht es hier geschrieben, stand die Region unter Wasser. Ein subtropisches Meer breitete sich damals über die Region aus und hier verlief die Küstenlinie. In Neu-Bamberg wurden gar Häuser auf Austernbänken errichtet. Teile der Hiwweltour verlaufen auf gleicher Strecke wie der Küstenweg. Also können interessierte Wanderer/innen im Verlauf der Wanderung einiges mehr zur Erdgeschichte Siefersheims erfahren.
Gerade hier in Siefersheim starten einige weitere Wanderwege und Walkingstrecken. Wer also hier einen bewegten Urlaub verbringen will, der hat eine reiche Auswahl. Am Abend bieten sich natürlich die zahlreichen Weinstuben an, um die Abende gemütlich ausklingen zu lassen. Der Rheinhessenwein ist immerhin weithin berühmt. Wer sich ein wenig durch die Genusswelt der Rheinhessen führen lassen möchte, der ist auf der Seite von Frank Hamm richtig. Der schlanke Rheinhesse lebt in Selzen und ist ein wahrer Genussmensch und Anerkannter Berater für Deutschen Wein“ (Deutsches Weininstitut)
Los geht´s auf die Hiwweltour Heideblick
Vom großräumigen Parkplatz ein Zuweg von ungefähr 800 m zum Startpunkt der Wanderrunde. Durch den kleinen Ort wandert es sich zügig und gleich leicht ansteigend. An einem Naschgarten vorbei (ja ihr Lieben, hier ist Obst und Gemüseklau erlaubt) erreichen wir schnell die Weinberge.


Im Land der 1000 Hügel geht es hier dann tatsächlich auch erst einmal bergan durch die Weinberge. Die Wege sind überwiegend geschottert, das ist für die Befahrbarkeit für die Weinbauern notwendig. Bereits am ersten Schild zum Küstenweg wird für mich klar, diese Wegeführung werde ich auch einmal unter die Stiefel nehmen. Für mich heißt es jedoch weiter hoch und fit für den Blick über Siefersheim. Die Aussichten auf den Ort und in die Weinberge sind großartig

Reben – Wolken – Sonnenlicht

Die Landschaft wird von tief hängenden Wattebäuschchen ähnlichen Wolken überzogen. Herrlich und das bleibt auch bis zum Schluss so. Wer da glaubt es wäre kühl in der Region, der täuscht sich. Die Sonne brennt und was den Reben richtig gut tut, nimmt meinem Kreislauf gerade ein wenig die Kraft. Damit habe ich nicht gerechnet und bin froh reichlich Wasser in meiner Trinkblase mitzuführen. Der Sonnenhut liegt derweil wohl behütet im Auto.
Am Wingertshäuschen können durstige Seelen ein Weinchen trinken, allerdings erst am Nachmittag. Für mich und meinen Kreislauf sowieso keine Option, also wandere ich zügig weiter. Zwischen den Reihen der Weinreben wachsen hin und wieder bunte Blumen wie Mohn und ähnliche Konsorten. Wird hier weniger gespritzt? Wäre sehr schön. Doch an anderen Reben schwebt dann doch ein leichter Geruch von Pestiziden in der Luft. Später erfahre ich, dass gerade frisch gespritzt wurde.
Hier ein Wingertshäuschen, derer gibt es sehr viele, dort ein Kirschbaum. Es gibt immer wieder kleine und größere Dinge zu betrachten. Ganz anders als die Region, die ich gerade verlassen habe, aber wer sich einlässt auf eine ganz andere Region, der wird sie lieben lernen.
Der historische Ajaxturm
Bald kommt der Ajaxturm in Sicht. Auf den Seiten des Rheinhessen Tourismus finde ich folgende Geschichte zu diesem ältesten Weinbergsturm Rheinhessens.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebte in Siefersheim ein reicher Bauernsohn, schön von Gestalt und ein flotter Tänzer. Wenn er durch die Straßen schritt, folgte ihm so mancher, scheuer Mädchenblick. Auch die Tochter des Müllers von der „Katzensteiger“ Mühle war in ihn verliebt. Die Zuneigung des Mädchens fand Erwiderung. Doch der starrköpfige Müller war gegen eine Verbindung. Er hatte vor Jahren einmal einen Prozess gegen den Vater des jungen Mannes verloren. Die Tochter wurde deshalb mit einem Weinhändler verheiratet und starb bald an Herzeleid. Der junge Mann aber blieb unverheiratet. An der Stelle, wo er sich mit seiner Liebsten einst getroffen hatte, ließ er einen Turm bauen. Der Hund im späterem Wappen erinnert an den treuen „Tiras“, der das Liebespaar auf seinen Spaziergängen begleitete. Er ist das Sinnbild der Treue bis in den Tod.

Spuren von Steinbrüchen und schöne Plätze
Ein Wechsel von schmalen Pfaden, entlang von Steinhaufen, die hier Rosseln genannt werden, wandert es sich unter der rheinhessischen Sonne wundervoll entspannt. Auch hier, mangels mehr Worten, einfach Bilder. Übrigens verläuft unweit von Hier die Hiwweltour Eichelberg. Die berührt auch den noch aktiven Steinbruch Eichelberg.
Auf nach Neu-Bamberg
Während ich das murmeln des Appelbach vernehme und die Stimmen der im Wasser spielenden Kinder, fällt mein Blick auf Neu-Bamberg. Ich wandere durch Rheinhessen und doch gehört Neu- Bamberg zu Rheinland Pfalz zur Verbandsgemeinde Bad Kreusznach. Gleichzeitig gehört der Ort zur Rheinhessischen Schweiz. Ziemlich verwirrend. Eins ist aber sicher, der historische Ort steht auf meiner „Möchte ich Besuchen-Liste“ Vieles das ich im Internet an Informationen und Bildern fand reizt mich zu diesem Wunsch.

DAS hier ist der Punkt an dem der Entschluss reift mal dort hinüber zu fahren, leider nicht heute am Rückreisetag. Aber bei meinem nächsten Besuch in Rheinhessen.

Auffällig viele Gruppen verteilen sich über den gesamten Wanderweg, aber auch Pärchen nehmen gerne die volle Breite in Anspruch. Eine kleine Weile habe ich das Gefühl der Enge und des bedrängt seins. Doch dieses Gefühl muss ich nur direkt unten am Appelbach haben, denn weiter oben auf dem Wanderweg sind kaum mehr Menschen anzutreffen. Die Nähe zu Parkplätzen ist in diesen Zeiten besonders stark zu spüren, da viele nur die Füße vertreten möchten.
Hinauf zum Adlerdenkmal
Wieder geht es hinauf, hinauf, hinauf. Es erstaunt mich wahrlich wie viele Höhenmeter der kleine Rundweg aufweist. Aber diese Höhenmeterchen sind nun wirklich herrlich, denn überwiegend auf schmalen Waldpfaden verlaufend. Dankbar nehme ich die kühle Waldluft auf, genieße es in der Weinbergs dominanten Region auch auf schattige Wege zu treffen.
Und dann stehe ich endlich auf dem Mühlberg und am Adlerdenkmal, mit Blick auf das Naturschutzgebiet Neu-Bamberger Heide. Alle Bänke sind besetzt und es scheint auch niemand bereit zu weichen, also wandere ich ziemlich flott weiter. Den Tipp mit der Möglichkeit ein Getränk an der Weinsicht Siefersheim einzunehmen, den kassiere ich aber noch ab.
Die Rheinhessische Seite erzählt derweil zum Adlerdenkmal folgendes:
Das Adlerdenkmal auf dem Mühlberg ist ein Kriegerdenkmal (Gefallenendenkmal) aus dem 1. Weltkrieg.
Vermutlich wurde es bereits während des Krieges (im Sommer 1915) eingeweiht, was zur damaligen Zeit unüblich war. Auch die Bauart – errichtet aus Feldsteinen – macht das Adlerdenkmal zu einer Besonderheit.


Vor dem Wein die Heide
Jetzt endlich darf ich die Heide betrachten, die im August in voller Blüte stehen wird und die Landschaft in einen roten Farbton tauchen wird. Ob ich in dieser Zeit meinen Wiederholungsbesuch starte? Wäre eine Idee.


Einen köstlichen Traubensaft gönne ich mir an der Winzeralm. Ich kann die schöne Idylle nicht fotografieren, weil sie gut besucht ist. Der Datenschutz hat hier Vorrang vor dem Wunsch alles zu fotografieren.
Hier an der Winzeralm gilt „Immer wenn die Fahne schwenkt, wird ausgeschenkt“ Im Jahr 2016 wurde diesem Platz der Titel „Schönste Weinsicht Rheinhessens“ verliehen. Und wem der Wein der Familie Zimmermann schmeckt, der schaue sich auf deren Webseite um. Dort kann man übrigens auch übernachten.
Die Pause tut gut und so gehe ich gestärkt die letzten zweieinhalb Kilometer dieses Rundweges an. Das alte Toilettenhäuschen macht natürlich gleich wieder einen Stopp nötig. Wie schön, dass solche Zeitzeugen erhalten bleiben.

Zurück nach Siefersheim
Stellenweise wirkt die Landschaft karg wie in der Toskana. Zwischendrin Wingertshäusje und Rastplätze. Abwechslung auf den letzten Metern, wenn auch mit viel Schotterwegen. Eben typisch Weinbergswege, entweder sind sie geteert oder geschottert.
Ich bin beinahe am Ziel, nur wenige Bilder noch, dann geht es wieder heimwärts.





Tja und dann ist Ende. Am Ende dieses Beitrages weiß ich endlich wie Hiwweltour geschrieben wird. Gehört schon oft, geschrieben nie, war mir das bis dato nicht klar. Danke Rheinhessen für den Einblick in die Region.
Bücher zur Region
Die Autoren Ulrike Poller und Wolfgang Todt beschreiben die Hiwweltouren in Büchern aus dem Ideemedia Verlag

Autor: Ulrike Poller und Wolfgang Todt
Erscheinungsort, Verlag: Neuwied, ideemedia
Auflage: Ausgabe 2020
Inhalt: Genusstouren Rheinhessen Band 1 + Hiwweltouren Rheinhessen Band 2
Format: je 11 x 16,4 cm, PUR Klebebindung mit Paperback
Seiten: 336 Seiten
ISBN 978-3-942779-73-9
Frank beschreibt Wanderungen in Rheinhessen

Die beiden Bücher, die ich zur Region besitze stelle ich euch kurz vor:
Rheinhessen. Wanderungen für die Seele
von Frank Hamm
192 Seiten, Klappenbroschur
ISBN 978-3-7700-2156-7
Mai 2020
16,99 € inkl. MwSt.
Sehr schön dort. Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen?
Auf die Idee bin ich gekommen, als ich das Buch von Frank Hamm gelesen habe, Wanderungen für die Seele- Rheinhessen