Ganz Deutschland liegt unter einer mehr oder weniger geschlossenen Wolkendecke und dazu treibt der Wind seine neckischen Spiele, wirbelt Staub auf und Blätter, kippt auch hier und da Bäume aus ihrer Wurzelverankerung. Wie es wohl Zwischen Balduinstein und Obernhof aussieht?
Bevor ich mich bei solchen Aussagen auf Wanderwege wage nutze ich die oft ziemlich zutreffenden Wettervorhersagen von „wetteronline“ und siehe da, an der Lahn sind nicht nur massenhaft Sonnenstunden geplant, auch der Wind zügelt hier sein Temperament, so heißt es.
Also los, nix wie hin – Zwischen Balduinstein und Obernhof
Liegt also nahe, dass ich die schon lange geplante Etappe 17 des Lahnwanderweges von Balduinstein nach Obernhof angehe, die nach Aussage des bergischen Wanderfreundes Rainer ein besonderes Wandererlebnis bieten soll. Also ab nach Balduinstein und schon um 7:30 Uhr parke ich mein Auto am Bahnhof dort. Der frühe Start ist nötig, denn nachmittags soll es möglicherweise zu ergiebigen Duschen von oben kommen. Meine Wanderung endet auf 24,2 km und fast 900 Höhenmetern. Der GPS Track zeigt auch einen Irrläufer, dessen Weg aber so schön war, dass ich ihn im Track belassen habe, für Wanderer mit Streckenselbstbauambitionen (schönes Wort)
Es ist unglaublich still so früh am morgen, wir wandern an der Lahn, beobachten das Treiben der Nilgänse, die mit Familie dort schwimmt. Einzelne Boote dümpeln verschlafen am gegenüber liegenden Ufer und auf dieser Seite hier wachsen zahlreich bunter Blumen.
Die St. Bartolomäus Kirche wurde 1430 erstmals erwähnt und als Kapelle gebaut.
Lasst uns den Weg beginnen
Ein kleiner ansteigender Pfad führt einige Stufen aufwärts, leise Zweifel stellen sich ein, ob ich hier wohl richtig bin.
Ist diese Etappe überhaupt je jemand gegangen? Oben angekommen wende ich mich, den Wegweisern folgend, nach links und auch hier, Zweifel
Als haben wir hier sicherlich schon die ersten Zecken eingesammelt und nass sind wir auch schon, jemand hat hier reichlich gegossen! : ( (P e t r u s ? )
Ein Blick nach oben und Sehnsucht nach einer Burgenbesichtigung stellt sich ein, leider liegt sie jedoch nicht auf unserem Weg. Zitat
Wikipedia: Seit 1974 werden die auf dem Gelände der Burg gelegene Villa aus dem 19. Jahrhundert und ihre Nebengebäude als Jugendburg Balduinstein genutzt. Die Jugendburg ist ein Selbstversorgerhaus für Pfadfinder und bündische Gruppen.
Also wird das vermutlich nichts mit einer Besichtigung, allerdings gibt es hier so viel zu besichtigen, dass ich sicherlich zurück kehre und nur die Sehenswürdigkeiten der Region abklappern werde.
Der weitere Weg ist frei von nassem, struppigem Gewächsen und so ziehen wir denn bald auf Waldwegen stetig bergan und erreichen eine natürliche Felsgrotte, die das Felsengrab Christi darstellen soll.
Nepomuk im Sonnenlicht
Die Informationsstele an der Felsnische verweist auf eine Nepomukfigur weiter oben im Wald und deren Besuch einen kleinen Abstecher vom Lahnwanderweg erfordert.
Diese barocke Statue wurde zum Andenken an einen Priester mit Namen Johannes Nepomuk errichtet, der sich 1393 gegenüber dem böhmischen König Wenzel weigerte sein Beichtgeheimnis zu brechen. Er wurde gefoltert und von der Karlsbrücke geworfen und ertrank in der Moldau. Er wurde zum Schutzpatron der Geistlichen und verschiedener Berufsgruppen z.B. Schiffer, Flößer und Müller (Wasser bezogene Berufe)
Das Licht hier oben ist toll und ich denke im Herbst, wenn der Wald in den bunten Farben leuchtet und die Sonne tiefer steht, sieht der gute Nepomuk noch geheimnisvoller aus. Die Wassertropfen an seiner Hand sind für mich symbolisch für seine Wasserbezogenheit.

Und eine tolle Aussicht gab es zur Statue noch oben drauf!
Nach einer kurzen Weile erneuten Wanderns durch den Wald erreichen wir den Pavillon am Saukopp mit Blick auf Balduinstein und die Lahn.
Die Schaumburg im Gegenlicht
Wir treten bald darauf aus dem Wald heraus ins grelle Sonnenlicht und hier, im Gegenlicht, liegt die Schaumburg, die wohl nicht mehr zu besichtigen ist, da sie 2012 von einer türkischen Investorengruppe erworben wurde und den geplanten Ausbau zu einer Bildungsstätte bisher nicht verwirklicht hat.
Die Sonne tut so gut, ich freue mich diebisch, dass ich heute endlich wieder wandern kann.
An satt grünen Wiesen, durchmischt mit den Margeriten, der blaue Himmel und die zarten Wolken dazu, solch ein Kontrast entzückt das Auge, lässt die Seele tief durchatmen.
Ich erhoffe mir für meinen dreiwöchigen Urlaub ganz viel davon und hoffe, dass Spike in guter Verfassung sein wird…naja und ich auch. Die letzten Wochen waren teilweise recht anstrengend.
Bevor ich mich an das Sonnenlicht zu sehr gewöhne, führt mich der Lahnwanderweg erneut in den schattigen Wald.
Zum Sabelstein, steht auch dem attraktiven Wegweiser und leitet uns in die richtige Richtung
Diese wunderschöne Schutzhütte
hat eine wirklich ausgezeichnete Lage. Sie lässt mich an diesem heutigen, klaren Tag sehr weit schauen. Die Höhen des Taunus und Westerwaldes sind gut erkennbar.
Der Gabelstein ist ein Fels aus besonderem vulkanischem Gestein, Diabas-Mandelstein genannt. Offenporigen Lavabrocken können sich durch im Wasser enthaltene Mineralien auffüllen und manchmal werden die Poren damit mit z.B. Kalzit o.ä. gefüllt und o.g. Diabas- Mandelstein entsteht. Das gesamte Gebiet steht unter Naturschutz, Spike musste aus diesem Grund an seine neue Leine.
Steinberg
Ganz nach meinen Wünschen landen wir bald wieder auf Wiesenwegen und steuern Steinberg an. Am Ortsrand wandern wir vorbei, über uns Wolkenformationen von feinster Art, der Wind sorgt für zügigen Wandel. Die Sonnen schafft es heute auch kaum für sommerliche Temperaturen zu sorgen, der Wind kühlt sofort wieder gehörig runter. Von Margeriten umringt und gesäumt ist die Hütte dort hinten, die wir auch noch näher in Augenschein nehmen werden. Das sind Bilder, die mir immer wieder in Erinnerung kommen, man vergisst sie nicht so leicht.
Kleine Abstecher vom Lahnweg weg verführen immer wieder zum rasten und schauen. So trödeln wir insgesamt ziemlich herum, auch weil meine Beine ungewohnt müde sind.
Bis zum nächsten, für mich herausragenden Punkt, gibt es eine kleine Fotogallerie zum anschauen.
Wie man auf einem der Bilder sehen kann, waren die Frühjahrsstürme auch hier nicht untätig und haben für eine Menge Totholz gesorgt. Inzwischen sind wir ja geübt diese zu überwinden.
Laurenburg
Wir erreichen Laurenburg, werden aber die Namensgebende Burg nicht besichtigen, da uns dieser Abstecher einige Kilometer mehr gebracht hätten.
Die Laurenburg als frühe Hangburg (1090) existiert nicht mehr. Der fünfeckige Burgfried wurde vermutlich im 12. oder 13 JH gebaut. Ein Militärmuseum befindet sich heute auf der Restburg.
Was viele Bahnhöfe an der Lahn in dieser Region gemeinsam haben ist ihr wenig perfekter Zustand. Da wäre hier und dort dringender Sanierungsbedarf.
Auf der Lahn ist allerhand los. Kanuten bevölkern das Gewässer und kleine Boote tummeln sich ebenfalls dort. In der Region und hier in Laurenburg wurde Bergbau betrieben. Mehr zur Grube Holzappel im Link
Gegenüber dieser an die Bergbauzeiten erinnernde Parkanlage verläuft der Lahnwanderweg, wieder aufwärts führend, weiter. Wir laufen hier über einen Lehrpfad und dem ehemaligen Bergbaugebiet. Zahlreiche informative Schilder erzählen die Geschichte dieses Gebietes.
Doch das soll heute nicht so sehr mein Thema sein. Ich möchte viel mehr von dieser üppigen Natur kosten, davon gibt es hier reichlich. Selbst die kurzen Passagen über die innerörtlichen Straßen haben daran keinen Zweifel gelassen.
Und wieder gibt es eine Galerie, ich kann euch nicht ohne die Eindrücke lassen, die mich so für diesen Weg begeistert haben. Wobei ich mir hin und wieder das Fluchen nicht verkneifen konnte. Schon nach rd. 15 km wurden die Beine schwer und jeder Anstieg war Quälerei. Regelmäßig habe ich mich motiviert, indem ich meine Umgebung intensiv wahrnahm.
Der erste Mohn blüht, vereinzelt wiegen sich die großen, roten Blüten im Wind.
Wir lassen die Wolfslei und Liebeslay, beides wunderbare Aussichtspunkte, hinter uns und erreichen den Goethepunkt. Was mich danach erwartet, habe ich nicht erwartet und mit Blick auf das Alter meines vierbeinigen Weggefährten wurde mir auch leicht schwummerig.
Zunächst genieße ich jedoch diese wunderbare Aussicht hoch oben über Obernhof auf das Kloster Arnstein und die rostig wirkende Eisenbahnbrücke über die Lahn. Ich erblicke schon den kleinen Imbiss, an dem ich später eine große Tasse Kaffee mit Kuchen und einem sehr netten Plausch mit den Pächtern haben werde.
Eine kurze Erläuterung zum Goethepunkt:
Goethe, der sich 1772 in eine unerreichbare Dame verliebte, machte sich zum entlieben auf den Lahnwanderweg, erreicht diese schöne Aussicht und bezeichnet sie als „zum Sterben schön“. Hieraus entstand der Aussichtspunkt.
Doch vor all dem steht noch Marter für Mensch und Tier, oder hat Spike es doch so genossen, wie es mir erschien?
Spike ist ein Held

Ja Felsen spielen auf dem nächsten laaaaangen Wegstück eine entscheidende Rolle. Ja, dort geht es hinunter… grummel, grummel das ist mein Magen
„Mal die Lage sondieren, Frauchen ist schon runter, wann darf ich denn endlich?“
Das ist für Menschenfüße, die benutze ich nicht, denkt sich Spike sicherlich. Ohne zu zögern rauscht er den Hang hinunter, viel schneller als ich es könnte, und um einiges sicherer.
Immer wieder diese Aussichten, die ich mir trotz der etwas hektischen Grundstimmung doch gönne. Dieses Steilstück ist denn doch etwas viel, manchmal wünsche ich mir Spike in einer Miniversion, einfach in den Rucksack gepackt und kein Risiko für den tapferen Kerl.
Bevor ich noch lange darüber nachdenken kann steht er stolz neben mir, als wollte er mir sagen „Alles kein Thema“. Ich bin mir wirklich nicht sicher was in ihm vorgeht.
Die Leiter musste Spike nicht gehen, es gab eine Alternative. Erleichtert, dass wir unten waren, laufe ich locker……
in die falsche Richtung. Den mit einem kurzen, und erleichterten Blick ignorierten, schmalen und ebenso felsigen Pfad wie vorangegangen hätten wir gehen müssen. Das bemerke ich jedoch erst nach einer gefühlten Ewigkeit auf einem traumhaft schönen, aber falschen, breiten Waldweg.
Also noch einmal alle Restkräfte versammelt und hinauf, Spike trinkt vorher die letzte Wasserration, der hatte mega Durst. Begeisterung sieht anders aus, er hat wohl keine Lust mehr auf bergan laufen.
Irgendwann, ich glaube es kaum, kommen wir in Obernhof an und schlendern die letzten 100derte Meter durch die Gassen des Ortes, immer wieder mit Blick auf das schöne Kloster Arnstein
Nun kehrt der Humor auch zurück und ich bin froh dass mein treuer Vierbeiner heil die Felsen herunter gekommen ist (Heute liegt er matt in der Ecke)
Die Lahnbrücke überqueren wir noch und erreichen dankbar den kleinen Imbiss. Nach einer halben Stunde schon wieder etwas erholt, verlassen wir den gastlichen Ort und die netten Gastleute.
Auf dem gelben Bus steht „Bergischer Wanderbus“ kommt mir doch sehr bekannt vor.
Wieder ein Bahnhof mit Sanierungsbedarf :-)
Nach kurzer Wartezeit erreicht der Zug nach Balduinstein mit 5 Minuten Verspätung den Bahnhof Obernhof und bringt uns in kurzer Zeit zu unserem Startbahnhof.
Wunderschöne Fotos von seiner Tour auf gleicher Etappe, hat Rainer Motte im Blog „Lahntastisch“ der von Jörg Thamer geschrieben wird, vorgestellt. Passend dazu ein schöner Text.
Eine recht genaue Wegebeschreibung liefert Traumsteige
Also ich bin diesen Weg auch schon gelaufen, er ist wirklich super schön. Was mich interessieren würde ist das in der Ausschreibung der Weg nur knappe 20 km lang ist, aber lt. meinem Schrittzähler waren es auch 23 km bis Obernhof Bahnhof…! Kann das sein ?
Stefan, das kann durchaus sein. Die Zuwege werden oft nicht mit angegeben.
Viele Grüße
Elke
Liebe Elke, ein superschöner Lahnwanderweg-Abschnitt, den Du superschön in Szene gesetzt hast! Hoffe, die Kletter-Überraschung am Goethepunkt ist gelungen :-)
LG, Karin
Wieder ein toller Beitrag, vielen Dank für „Mitnehmen“.
Na das war ja für Spike sicher eine Tour im Abenteuerland :-D Ich wundere mich auch immer wieder, wo mein Hundini überall herauf und wieder herunter kommt. Aber er ist mit seinen 5 Jahren ja auch noch ein Jungspund ;-) Danke für den tollen Wanderbericht und die tollen Fotos, es hat mir wieder einmal so richtig Freude gemacht, virtuell mit dabei zu sein :-)
Nächste Woche ziehe ich auch wieder los :-)
Liebe Grüße, Klaus
Einer der schönsten Abschnitte des Lahnwanderweges! Und den Abstieg vom Goethepunkt nach Obernhof hinunter habe ich schon mehrfach genießen dürfen. Einfach toll! Danke für den Bericht und natürlich auch für die Erwähnung meines Blogs.
Liebe Grüße, Jörg!
Von den vielen tollen Bildern gefällt mir eines ganz besonders: das mit der Bank unter dem Baum in der Sonne :-) Also 900 Höhenmeter: Respekt! Da weiß man, was man geleistet hat. Und du hast nochmal eine Streckenwanderung statt Rundwanderung absolviert, richtig abenteuerlich dazu. Wünsche dir tolles Wanderwetter im Harz!
Die Bank dort war geradezu eine Einladung :D
Jetzt bin ich gespannt auf Harz 😜
Liebe Elke, in meinen Augen ist der Beitrag wieder ein gelungenes, fotografisches Erlebnis mit einem ansprechenden Text. Vielen Dank und herzliche Grüße aus München, Josef