Frühdunst liegt noch über der Landschaft. Die Weinberge in Bretzenheim sind gerade noch so zu erkennen. Nicht lange und die Sonne bahnt sich ihren Weg, streichelt mit ihren gelben Fingern die Landschaft. Das sind Momente die meinen Herzschlag immer ein wenig antreiben. Immerhin habe ich damit die Chance die in rote Felsen gehauenen Eremitenanlage bei Sonnenlicht zu betrachten.
Der blaue Himmel und die Sonne betonen noch einmal kräftig alle Farben. Ich bin hier in Bretzenheim, um die Vitaltour Eremitenpfad zu erkunden.
Vitaltouren, das sind Rundwanderwege, die der Wanderwelt die Region Naturpark Soonwald-Nahe nahe bringt. Manchmal berühren Sie auch den Streckenwanderweg Soonwaldsteig. Die Vitaltour Felsengarten war meine erste Begegnung mit diesen Rundwegen. Schon lange kreuzt die Vitaltour Eremitenpfad immer wieder durch mein Wanderherz. Endlich, während meines Urlaubs in der Eifel, habe ich die Gelegenheit mir diesen Wunsch zu erfüllen.
Vitaltour Eremitenpfad
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Startpunkt Start/ Ziel: Winzenheimer Str. 29, 55559 Bretzenheim
- Streckenlänge: 10,1 km
- Höhenmeter: 170 m
- An Rucksackproviant denken
- GPS Track
- Informationen zur Felsen-Eremitage
- Auch sehr schön: Vitaltour Felsengarten
Wenn ein Thema in diese Zeit passt, dann wohl das der Eremiten. Ich will das nicht tiefergehend durchleuchten, dies soll ja ein Wanderbericht werden. Hier und heute geht es um das Leben der Eremiten und so lernen wir den „Weg der Entschleunigung“ aber auch einen Kraftort kennen. Den Höhepunkt dieser Wanderung bildet die Felseneremitage und darauf freue ich mich ganz besonders.
Ich ziehe also los, die mit bunt gefärbten Weinberge im Blick, an abgeernteten Feldern vorbei. Der Blick zurück ist nicht so schön, zeigt in Richtung Rheintal und auf Strommasten. Gut, dass es immer zwei Blickrichtungen gibt.

Ich gewinne langsam an Höhe und die Sonne zeigt mehr und mehr, dass sie den Wolken noch Widerstand leisten kann. Mit jedem Höhenmeter leuchtet die vor mir liegende Landschaft in zunehmend bunten Farben. Welch ein Genuss.

Bretzenheimer Steinbruch
Schon oberhalb der riesigen Felsenwand staune ich über die Ausmaße des alten Bretzenheimer Steinbruch. Dort unten stehen haufenweise Walnussbäume deren Früchte regelmäßig zu Boden purzeln. Ich sammele eine ordentliche Menge für meinen Wintervorrat. Gründlich betrachte ich die hohe, rote Wand mit ihren Ecken und Kanten.

Prustend die Höhe erklimmen
Weiter geht es hoch hinauf, über eine Treppe auf die nächste Ebene. Der Blick in die Landschaft unter mir lässt meine Kamera im Dauer-Knips-Modus verfallen. Ich kann mich nicht satt sehen an der Region, den Farben des Herbstes.


Oberhalb der Weinberge und hundert Fotos später treffe ich auf einen Wegepaten-Vertreter. Er sitzt auf einem Traktor und rangiert diesen auf schwindelerregende Weise dicht am Hang. Hier übernimmt er für den zuständigen Wegepaten die Freischneidearbeiten. Man hilft sich aus, so erzählt er, vor allem wenn jemand über die entsprechenden Ausrüstung verfügt.


Eine ganze Weile erzählen wir. Er macht mir mit kleinen, bildhaft erzählten Voraussichten Hunger auf den Rest des Wanderweges. Doch mich treibt es auch voran und er muss noch eine Menge Gehölz entfernen. So trabe ich bald wieder los, an seiner umfangreichen Handwerks-Ausstattung vorbei.
Eremiten lebten einsam aber strukturiert
Eine erste kleine Tafel zum Eremiten Pfad taucht vor mir auf, bevor ich nach links abbiege. Sie lädt ein auf dem Weg der Entschleunigung. Sie erzählt vom Tag des Eremiten, der um vier Uhr in der Frühe begann. Bis 6 Uhr, so steht es dort geschrieben, folgten Gebete nach christlicher Lektüre und bis 9 Uhr sollte der Haushalt verrichtet sein. Gegen 10 Uhr wurde eine Messe besucht und um 11 Uhr war dann Essenszeit. Ab 12 Uhr waren wieder Gebete angesagt.

Zwischen 13 Uhr und 15 Uhr, so steht es hier, war die Zeit für körperliche Arbeit und um 15 Uhr folgten weitere Gebete. Es folgte etwas freie Zeit und die Zubereitung des Abendessens, dann nach dem Abendgebet begann um 20 Uhr die Nachtruhe. Wenn ich mir das so vorstelle, weicht diese Beschreibung doch stark von dem ab, was ich angenommen hatte. So stark reglementiert lebt also ein Eremit. PUH
Ein besonderer Ort – Die Felsen-Eremitage
Nur noch wenige hundert Schritte an den Gebäuden der Wohnungslosenhilfe der Kreuznacher Diakonie vorbei, erreiche ich die Felsen-Eremitagen.

Jetzt heißt es sich Zeit nehmen, allerdings auch immer wieder denen ausweichen, die meinen einem auf den Pelz rücken zu müssen. Ja, es sind einige Menschen hier, alle wollen tolle Fotos machen.
Einst lebten hier über Generationen Eremiten und Mönche. In mühseliger Handarbeit, mittels Hammer und Meißel, haben sie sich ihre Unterkunft in den roten Fels gehauen. Dies geschah ab dem 6./7. Jahrhundert, wobei vermutlich vorher schon Baumeister hier am Werk waren.
In einem Flyer wird berichtet, dass der Eremit Andreas Zahn nach 51 Dienstjahren, im Alter von 82 Jahren, vom Felsen stürzte. Mit seinem Tod starb auch der letzte Vertreter der Kurmainzer Eremiten Kongregation.

Die Größe der Gesamtanlage, die sehr große Wohnräume und eine Kapelle, sowie Stallungen aufweist, lässt staunen. Immerhin waren das Größenordnungen, die eher nicht auf die Unterkunft eines Eremiten schließen lassen. Es wird vermutet, dass in den kleinen Klausen ursprünglich Eremiten lebten und später eine Art Klostergemeinschaft entstand. Mehr Informationen findet ihr auf der Webseite von Bretzenheim.
Es lohnt sich, auch wenn die Felsenkammern nicht zugänglich sind, die Bauweise gründlich zu studieren. Mich hat beeindruckt was es da zu sehen gab, Anker im Fels sollen wohl dafür sorgen, dass das ganze nicht zusammenfällt. Druckanzeiger melden einen erhöhten Spannungsdruck, wenn ich es richtig verstanden habe. Aufwand der sich lohnt, meine ich! Ich hoffe, dass diese Felsen – Eremitage noch lange so erhalten bleibt,
Am Guldenbach
Irgendwann löse ich mich dann doch von diesem magischen Ort und wandere entlang des Guldenbachs weiter. „Spüre die Kraft“ so heißt es auf dem nächsten Schild dieser Wanderung. Die Vitaltour Eremitenpfad führt uns nun durch ein wahres Kraftfeld steht dort geschrieben. Früher hat der hier fließende Guldenbach oftmals Anbauflächen der Eremitage weggeschwemmt. Zu dieser Zeit gab es sicherlich auch noch mehr Wasser als heute. Die Trockenheit der letzten Jahre lassen kaum vermuten, dass es hier Überschwemmungen gab.

Auf dem schmalen Wiesenweg wandere ich, zwischen dem Guldenbach und dem Massiv der roten Felsen. Apfelbäume wachsen am Wegrand und lassen so allmählich ihre Früchte herunterfallen. In der Felswand gegenüber entdecke ich eine weitere Klause eines Eremiten.


Ein Blick auf den Guldenbach lässt ich eine Weile verharren. Stille herrscht, nur unterbrochen von gelegentlichem Zwitschern der wenigen Singvögel. Hier endet auch die Begleitung des Gewässers. Am Campingplatz Lindelgrund, auf dem in der Saison Einkehrmöglichkeit besteht, biege ich ab in den Wald.

Durch einen wunderschönen, inzwischen bunt gefärbten Herbst Wald wandere ich hoch zu einem Rastplatz mit Blick auf den Weinort Guldental. Verhalten schwingen Geräusche des Straßenverkehrs hier herauf, mein Blick klebt an den bunten Weinbergen.


Waldreich geht die Vitaltour Eremitenpfad weiter
Ein fremdartiger Geruch steigt mir in die Nase und als ich den Hochstand erreiche weiß ich was es ist. Die schützende Holz Lasur hat wohl nicht mehr für den kompletten Anstrich gereicht. So sieht man sehr gut dass meine Vermutung er sei frisch gestrichen, zutreffend ist.

An diesem Punkt habe ich auch erst einmal die deftige Steigung hinter mich gebracht. Erleichtert schlendere ich über die Wanderwege, genieße mein Herbst-Wald-Bad.

Übrigens ist der Weg fantastisch ausgeschildert. Den auf meinem GPS-Gerät abgelegten GPS Track muss ich nicht bemühen. Genießen ohne Stress ist die Folge. Links stehen die reich tragenden Eichen. Rechts von mir sammeln sich die Reben, deren Blätter inzwischen gelb und rötlich gefärbt vereinzelt auf dem Boden fallen.
Der Wanderweg ist mit Eicheln gepflastert. Mir scheint 2020 ist ein sogenanntes Mastjahr. Aufgrund der warmen Winter werden die Wildschweine und überhaupt die Wildtiere in Wäldern wieder reichlich Überlebenschancen haben, es sei denn der Jäger kommt ihnen dazwischen.

Von jetzt an wandere ich wieder unter freiem Himmel und durch das bunte Rebenmeer. Ein Rastplatz, die tolle Aussichtsterrasse mit Blick in den Rheingau würzen noch einmal das Wandererlebnis. Ich zitiere den schönen Text von der Urlaubsregion Nahe:
Der Blick schweift über das Nordpfälzer Bergland zum Donnersberg und weiter über den Kreuznacher Stadtwald, das Wandergebiet Rotenfels bis hin zum Lemberg, der höchsten Erhebung zwischen Mittel- und Unterlauf der Nahe.
Von nun an geht´s bergab wieder Richtung Ortsrand Bretzenheim. Eine schöne Wanderung findet ein Ende. Sie kam mir länger vor als sie tatsächlich war, sie hat mich gefesselt. Die Vitaltour Eremitenpfad bekommt meine Empfehlung.
Liebe Frau Bitzer, bin zufällig auf Ihre Website geraten und angenehm überrascht worden. Für Ihre kompetente und eindrucksvolle Wegebeschreibung, gepaart mit zauberhaften Fotos vom Eremitenpfad, möchte ich mich als Initiator und einer von zehn Wegepaten unseres Vitalweges herzlich bedanken. Auch all Ihre anderen Beiträge machen Lust auf lesen, schmunzeln und natürlich auf wandern.
Herzliche Grüße aus Bretzenheim
Vielen Dank Herr Hermes, ihre positive Aufmerksamkeit freut mich so sehr. Ich bedanke mich für die liebevolle Gestaltung Ihrer Vitalwege, insbesondere diesem Eremitenpfad. Viele liebe Grüße und bleiben Sie gesund
Elke Bitzer
Vielen Dank für diesen wunderbaren Bericht zu unserem Eremitenpfad.
Es erfüllt uns mit viel Freude Ihren Bericht über den Wanderweg zu lesen, der mit viel Herzblut erdacht, gebaut und gepflegt wird. Das ist der Lohn, so wie für Künstler der Aplaus. Danke!
Hach und ich freue mich, dass er euch gefällt. Mir hat er so gut gefallen, dass ich ihn sicher noch einmal wandern werde, wenn Schnee und Eis verschwunden und wir wieder reisen können. Viele liebe Grüße Elke
… ich lese Deine Beiträge schon lange mit Begeisterung, weil ich auch leidenschaftlicher Wanderer bin. Meine Lebensgefährtin übrigens auch. Komme erst jetzt aber dazu, Dir mal meinen Dank auszudrücken. Deine Beiträge sind Inspiration für mich – vorausgesetzt, Deine Wanderorte liegen nicht zu weit weg von meinem Heimatort.
Danke !!! Und mache weiter so !!! Alles Gute für Dich – und vor allem Gesundheit !!!
Hallo Juergen,
vielen Dank fuer diesen Mut machenden Kommentar. Es freut mich sehr, enn ich hin und wieder Inspiation sein kann.
Gany liebe Gruesse an Dich und Deine Lebensgefaehrtin. Bleibt beide gesund und wandersuechtig.
Elke