Grüne Oasen im Ruhrgebiet. Dass es die gibt, das habe ich hier im Blog schon oft beschrieben. Heute erkunde ich die ehemalige Halde Rheinelbe mit der Himmelsleiter und den Mechtenberg und seinem Bismarckturm. Zwischendrin stehen Skulpturen des Landschaftskünstlers Herman Prigann. Der Bauernhof Mechtenberg bietet Kaffee und Kuchen an. Lasst euch überraschen….
Informationen zur heutigen Runde
- Start/ Ziel: Gelsenkirchen, Lethestraße 37 (ungefähr)
- Streckenlänge: 11,5 km
- Höhenmeter: 89 m
- Den Track zur Tour findet ihr bei Outdoorakctiv
- Einkehr auf der Strecke: Bauernhof Mechtenberg (getestet und für sehr gut befunden), Biergarten Mechtenberg
Grüne Oasen im Ruhrgebiet
Ehemalige Zeche Rheinelbe
Ich stehe hier mitten auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Rheinelbe. Noch bis 1970 wurde hier eine Kokerei betrieben, die erst im den 1980 er Jahren abgerissen wurde. Übrig geblieben sind ein paar alte Gebäude aus dieser Zeit, die inzwischen natürlich saniert wurden.

Nun bin ich gespannt und erwartungsvoll. Vor allen Dingen auf die Skulpturen des Landschaftskünstlers Herman Prigann im Skulpturenwald. Außerdem werde ich mir die Himmelstreppe auf der Kuppe der Halde Rheinelbe anschauen. Ich bin ebenfalls gespannt ob ich das blau-grüne Kugel Gasometer sehen werde, dass ich im Sonnenlicht farblich verändert. Leider, so stelle ich im Nachhinein fest, finde ich die Kugel nicht.
Industriewald – Eine Grüne Oasen im Ruhrgebiet
Also tappere ich mal los und lande auch gleich an einer alten Stützwand. Ein alter Sprengschutzbunker verbirgt sich hier dem Gitter, durch das ich durchsehen könnte. Wenn mir nicht so mulmig im Magen wäre, dann würde ich mich sicher trauen.

Da ist er von vorn zu sehen, versteht ihr warum ich nicht reinschaue?
Skulpturenwald Rheinelbe – Herman Prigann
Der Künstler arbeitete mit Naturmaterialien wie Baumstämmen, Steinen und Sand. Wichtig war ihm dabei, dass das verwendete Material einen Bezug zum jeweiligen Ort hat, von dort stammt oder mit der Geschichte verknüpft ist. Bei seinen Projekten im Ruhrgebiet verwendete er daher vorzugsweise Abfall-Materialien des Industrie-Zeitalters wie alte Mauerstücke, Betonblöcke und Stahlteile. (Wikipedia)
Genau das ist hier auch zu sehen. Vermutlich wird ein großer Teil der Besucher/innen nicht einmal wahrnehmen, dass diese „Steinhaufen“ Kunst sind.
Bergematerial
Auf eine der regelmäßig auftauchenden Informationstafeln wird etwas zur Entstehung neuer Landschaften und Lebensräume erzählt.
Die Böden in dieser so natürlich erscheinenden Umgebung sind ja nicht auf natürlichem Wege entstanden. Sie sind das Ergebnis von Umschichtungen während der Tätigkeiten des Bergbau bzw der Industrie. Das was letztendlich gefördert werden sollte, nämlich die Kohle, war ja nicht das einzige was von unten nach oben gekehrt wurde. Material was hier unter meinen Füßen liegt nennt man Bergematerial, es ist der Abraum der Industrie.
Etwas dass mir nicht bekannt war es die Tatsache, dass die Halden früher, durch den hohen Kohleanteil im Abraum, gebrannt haben. Manchmal glühten solche alten Halden jahrelang und wurden Vulkane der Region genannt.
Grüne Oasen im Ruhrgebiet – Die Natur ist stur
Wie ruhig und friedlich die Natur hier leben kann zeigt, dass mir ein kleines Füchschen fast über die Füße läuft. Das Vogelgezwitscher hier in diesem hügelig wirkenden Areal unterscheidet sich in keiner Weise von dem Stimmengewirr in der Eifel oder im hintersten Hunsrück. Deshalb tritt auch hier so schnell Entspannung ein.
Beinahe unvorstellbar für mich ist, dass hier tatsächlich früher einmal Industriegelände war. Die Natur hat sich das Terrain komplett zurückerobert. Ein wenig Urwald Charakter macht sich breit, nur die Wege sind frei geschnitten. Umgestürzte Bäume bleiben liegen, die Brennnesseln wachsen mannshoch. Brombeeren und sehr viele Birken säumen die Wege.

Teile des Parks sind momentan gesperrt, da der fiese Eichenprozessionsspinner sein Unwesen treibt. Mit dem ist auch nicht zu spaßen. Wer mag, der schaue sich mal Bilder von Mensch oder Tier an, die mit seinen feinen Haaren in Kontakt kamen.
Aber auch der Mensch rückt der Natur auf unangemessene Weise auf den Pelz, indem er seine Abfälle überall auf den Wegen deponiert. Unglaublich wie vermüllt einzelne Plätze in dieser sonst so schönen Umgebung sind. Gerade im oberen Bereich der großen Treppe finde ich Unmengen an Unrat.

Von-Wedelstaed-Park
Benannt wurde der Park nach dem letzten Amtmann „Carl von Wedelstaedt“ des damals selbstständigen Dorfes Uckendorf. In den Jahren 1899/1900 wurde der Park errichtet. Im Jahr nach der Fertigstellung entstand das wunderschöne Gärtnerhaus im Stil eines Schweizer Fachwerkhauses.

In diesem riesigen Park könnte ich Stunden lustwandeln. Den Kindern steht ein großer Spielplatz zur Verfügung. Dort kann ich nicht fotografieren ohne ein paar Kids mit auf dem Chip zu bannen.
Inmitten der kleinen Tümpeln tummeln sich Teichfrösche. Leider hüpfen sie immer gleich vom Ufer in die kleinen Gewässer. Das eine Exemplar, dass sich anstandslos ablichten lässt, scheint nicht mehr zu leben.

Himmelstreppe von Herman Prigann
Was alle in höheren Lagen gemeinsam ist ist der Wind. Vorbei an der stählernen Windwaage schraube ich mich langsam höher auf den Gipfel der Halde Rheinelbe.

Schrauben ist der korrekte Ausdruck für die Methode des emporsteigens, denn der Weg zieht sich spiralförmig hinauf.
So wie ich mich dieser Halde nähere habe ich eine einzigartige Komposition aus Halde, Himmelsleiter und blühenden Gewächsen. Der Rest der Kuppe ist nämlich trostlos leer und nur spärlich mit einzelnen Blühpflanzen durchzogen.


Ein paar Impressionen von den aufeinander gestapelten Betonblöcke, die seit März 2019 mit silbernem Lack besprüht sind. Die als Sachbeschädigung eingestufte, farbliche Änderung, empfinde ich als sehr attraktiv. Der Sinn der Ursprünglichkeit des Industriesteins ist allerdings damit perdu.
Von dort oben sieht man, wenn Frau weiß wo sie ist, die Veltins-Arena auf Schalke.

Weitere Kunstwerke Herman Priganns säumen den nun folgenden Wegabschnitt, der zunächst durch herrliches Grün führt. Doch dann werde ich auf einen weit weniger attraktiven Weg gezwungen.
Zweimal Einkehr dicht hintereinander
Über die ehemaligen Güter-Bahntrasse, die sich Fahrradfahrer und Fußgänger teilen, deshalb marschiere ich jetzt erstmal über einen längeren Streckenabschnitt stur geradeaus. Der geteerte Weg lässt nicht ansatzweise die Erinnerungen an die Naturschönheiten des bisherigen Weges aufsteigen. Höhepunkte in einer Region lassen sich jedoch nicht immer auf spannenden und naturnahen Wegen erreichen. Also tapfer hinnehmen, dass dieser Abschnitt nicht zum schwärmen geeignet ist. Kaum zu glauben, aber ich habe nicht eine Aufnahme dieser ehemaligen Bahntrasse gemacht.
Bauernhof am Mechtenberg
Aus der Ferne höre ich bereits Kinderstimmen. Als ich dann um die Ecke biege sehe ich fröhliche Kinder und zufriedene Eltern. In einem Gehege warten Ziegen auf streichelnde Kinderhände.

Nach einem wirklich winzigen Stück Kuchen und einer Tasse Kaffee kaufe ich mir noch einen Dinkel-Roggenbrot und mache mich wieder auf den Weg. Während ich meine Klamotten schultere, bemerke ich die Kinder, die aufmerksam lauschen was die junge Frau ihnen sagt. Es wird gebacken und die Kinder tun das selber unter Anleitung. Herrlich und wäre auch etwas für meine Enkelin und mich.
Gleich nebenan steht eine wunderschöne Villa und nur ein wenig weiter können Interessierte einen Garten mieten und sich so selber mit landwirtschaftlichen Produkten versorgen.


Mein nächstes Ziel wird der Mechtenberg (keine Halde, sondern eiszeitlich bedingt) sein, der sich leider nur über eine Straße erreichen lässt. Glücklicherweise ist diese nicht sehr stark befahren.
Das Greuel für die Karossen der Autos ist gleichzeitig Verführung für die Nase. Die Linden blühen wie verrückt und wenn ich jetzt eine Allergie gegen Linden hätte……., habe ich aber nicht. So genieße ich diese riesige Lindenallee unbeeindruckt von tränenden Augen und Nase.

Leider sind meine Bargeldvorräte mit dem Besuch am Bauernhof erschöpft. Wieder einmal habe ich es versäumt Geld abzuholen. Da ich aber Getränke- und Vorrats-technisch jetzt erst einmal zufrieden bin, muss ich keinen Biergarten besuchen. Wem der Bauernhof zu kinderreich ist, der kann aber am Ende der Hattinger Str. den Biergarten besuchen.
Aufstieg zum Mechtenberg
So viele Linden habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr auf einem Fleck gesehen, erst die alle an der Straße entlang und nun hier auch dieser Parkweg am Mechtenberg

Über einen kleinen Pfad erklimme ich den flachen Mechtenberg. Dort oben genieße ich eine ausgiebige Rast, einfach wegen der schönen Aussichten von hier oben.

Schaue ich nach links, sehe ich die beiden Kirchen von Essen Kray, sowie die Zeche Bonifacius. Rechts ragen die Schlote der Zeche Zollverein auf, ebenso wie die Kokerei und Schacht 12.
Der Bismarckturm
Pausen gelingen mir heute besonders gut. Kaum habe ich die Aussicht auf die Industrie der Region genügend genossen, lande ich an der nächsten. Zunächst baut sich aber der Bismarckturm vor mir auf. Die 17 Meter hohe Bismarcksäule Essen mit ihrem dunklen Stein wirkt mächtig, obwohl sie relativ klein ist. Die Säule diente als Feuersäule, die zu Ehren Bismarcks befeuert wurde.


Nachdem ich auf die Umgebung der Bismarcksäule ausgiebig genossen habe, treibt es mich doch weiter auf meinen Weg. Ich wandere an Streuobstwiesen vorbei, überwiegend aus Apfelbäumen bestehend. Hier und da steht auch ein Kirschbaum dazwischen.

Grüne Oasen im Ruhrgebiet – Der Landschaftspark Mechtenberg
Unterhalb des Mechtenberg wird landwirtschaftlich gearbeitet bzw am Boden gearbeitet. Er wird aufgelockert und auf Stelen wird darauf hingewiesen, wie unterschiedlich zu den Jahreszeiten die Farbspiele sind. Das was ich hier höre ist kein Verkehrslärm, sondern einzig ein großer Rasenmäher der die riesigen Flächen mäht. Es duftet nach frisch gemähten Gras.

Mechtenbergbrücke
Die Mechtenberg Brücke überquert die Hattinger Straße und den Leitherbach. Sie gefällt mir, aus der Ferne glaubte ich sie sei aus Holz oder gar Bambusröhren gebaut. Die 130 m lange Brücke weist tatsächlich ein sehr eigenwilliges Profil auf, mit ihrer stählernen Konstruktion aus Rohren und Schellen. Um die 180 Tonnen Stahl sind verbaut, mit 1.300 Knotenverbindungen. Wie ich finde, ist sie ein tolles Konstrukt mit der Garantie den Ankommenden optisch zu täuschen.


Die Streckenführung scheint etwas fantasielos und doch hält sie immer wieder kleine Überraschungen bereit. Auf einem Feld stehen Klangsteine, deren Funktion ich mit angelegtem Ohr prüfe. Kleine Öffnungen laden ein, sich die unterschiedlichen Töne der Steine anzuhören. Ich vermisse ein Schild, auf dem steht, dass dies hier Klangsteine sind, es war mehr Zufall, dass ich darauf kam.

Mir begegnen überwiegend Radfahrer und natürlich Menschen, die mit ihren Hunden unterwegs sind. Es fällt mir auf, dass der größte Teil der Fahrräder motorisiert ist. Erstaunlich in diesem extrem flachen Gelände, denn die sind nicht anstrengend. Insgesamt bleiben die Begegnungen jedoch überschaubar und nicht eine unangenehme Begegnung ist dabei. Ob zwei Räder, Vier oder zwei Beine, alle gehen rücksichtsvoll miteinander um. Schon deshalb entspannt es sich hier wundervoll.



Endspurt – Grüne Oasen im Ruhrgebiet
Unter schattigen Bäumen nehme ich wieder Kurs auf mein Auto. Wohltuend, entspannend ist das Stück durch den Park, auch weil an jeder Ecke eine Bank steht. Der etwas andere Wandertag hat mir tatsächlich sehr viel Freude gebracht, wie schon so oft in der Vergangenheit, wenn ich im Pott unterwegs war.
Bücher über weitere Grüne Oasen im Ruhrgebiet
Ich habe sie alle hier im Blog auch vorgestellt.
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Liebe Elke,
Danke für diesen für mich sehr interessanten Beitrag. Ich lebe im Süden der Republik und kenne mich im Ruhrgebiet und mit den dortigen Gegebenheiten nicht aus. Dein Artikel hat mir vieles veranschaulicht und manche Frage beantwortet. Für mich war das Ruhrgebiet bisher immer Dreck, Russ, Staub, Kohle, dicke Wolken. Du hast mir das grüne Ruhrgebiet gezeigt. Danke dafür.
Liebe Grüße
Harald
Ja so bin ich vor Jahren auch an die Region heran gegangen. Heute bin ich dort gerne einmal unterwegs und genieße die Mischung aus Industrie und Natur. Eine seltsame, aber sehr interessante Kombination. ;-)
Liebe Grüße
Elke
Liebe Elke,
wenn Du weiter solch wunderschöne Berichte über das Ruhrgebiet schreibst, wirst Du noch als Touristenchefin abgeworben.
Toller Bericht, danke dafür♥️
Sehr gerne, es ist so spannend immer wieder Neues entdecken zu dürfen. ❤️
Sehr schöne Fotos